Wasser fassen…

Der Begriff «Wasserfassen» ist im Schwimmsport bestens bekannt und wird dort buchstäblich ausgeführt. Dabei geht es um das Aufbauen des Wasserdruckes an Handinnen-fläche und Unterarm, bevor der eigentliche Armzug beim Kraulen beginnt. «Wasser fassen», dann «Druck machen». Wer diese Technik perfekt beherrscht, wird es im Schwimmsport weit bringen. Anders als beim Schwimmen soll es in diesem Artikel ums Wasserfassen – ums Wassertrinken gehen. Als mir vor über 20 Jahren erstmals der Rat erteilt wurde, pro Tag 2-3 Liter Wasser zu trinken, nahm ich diesen bereitwillig an. Denn was für meine Gesundheit ein Plus ist und noch kostenlos dazu, muss ausgeführt werden. Es würde an Dummheit grenzen, so etwas zu unterlassen. Aber was ist eigentlich dran am vielen Wasser?

Wasser-Challenge

Eben das wollten hunderte Menschen am eigenen Leib erfahren. Jung und Alt entschloss sich, die sogenannte «Wasser-Challenge» (zu Deutsch: «Wasser-Herausforderung») durchzuführen. Dabei geht es darum, während vier Wochen jeden Tag rund 3 Liter Leitungswasser zu sich zu nehmen und auf jegliche andere Getränke wie Kaffee, Bier und Süßgetränke gänzlich zu verzichten. Folgendes kann aus den zahlreichen Berichten von Personen, die eine solche «Wasser-Challenge» durchgeführt haben, zusammengefasst werden.

  • Übergewichtige Menschen haben Gewicht verloren
  • die tägliche, allgemeine Müdigkeit hat abgenommen
  • man fühlte sich auch ohne Kaffee wach
  • man fühlte sich fitter, «klarer»
  • man konnte sich besser konzentrieren
  • Hautunreinheiten sind verschwunden
  • Menschen, die vorher fast täglich über Kopfschmerzen klagten, hatten zunehmend kopfschmerzfreie Tage
  • die Verdauung funktionierte besser
  • weniger Unwohlsein
  • der Urin roch nicht mehr so streng und war viel heller
  • keine unangenehme Ausdünstung mehr
  • die Haut bekam einen gesünderen Teint, sie begann «zu strahlen»
  • weniger Heißhungerattacken
  • Gelenkprobleme ließen nach
  • keine roten, trockenen Augen mehr. Die Augenringe sind beinahe verschwunden

All diese positiven Veränderungen – wenn auch hier nicht wissenschaftlich belegt – sind grundsätzlich logisch. Besteht unser Körper doch zu beinahe ¾ Teilen aus Wasser. Alle Organfunktionen (Kreislauf, Verdauung, Bewegungs-, Nerven- und Hormonsystem) sind von genügend Flüssigkeitszufuhr abhängig. Wasser ist für die Funktion des Immunsystems, die Nähr-stoffzufuhr und den Abtransport von Abfallstoffen zuständig. Unsere Nieren filtern auch Schadstoffe aus dem Blut und scheiden diese über die Blase aus. Wird zu wenig getrunken, produzieren sie konzentrierteren (dunklen) Urin, um den Flüssigkeitsverlust gering zu halten. Wenn der Wasserbedarf nicht ausgeglichen wird, kann es gar zur Überlastung der Nieren kommen (z. B. bei Infektionskrankheiten oder Extremsport). Nicht nur beim Toiletten-gang scheiden wir Flüssigkeit aus, sondern auch und in besonderem Maß bei Hitze oder körperlicher Anstrengung in Form von Schweiß (dieser besteht übrigens zu 99 % aus Wasser). Dies geschieht, um die Haut abzukühlen (im Ruhezustand 100ml pro Tag – unter Belastung mehrere Liter).

«Schreiben Sie während vier Wochen jeden Tag auf, was und wie viel Sie trinken.»

«Wasser ist für die Funktion des Immunsystems, die Nährstoffzufuhr und den Abtransport von Abfallstoffen zuständig.»

Warum Wasser?

Nicht umsonst wird Wasser als Lebenselixier bezeichnet. Es ist, zumindest bei uns in Mitteleuropa, sehr preiswert und noch dazu kalorienfrei. Zudem ist Wasser ein ausgezeichnetes Lösungsmittel. Dies verdankt es seinem einfachen Aufbau aus einem Sauer-stoff- und zwei Wasserstoffatomen. Bei der Nahrungsaufnahme hilft es, anders als z. B. Süßgetränke, eine Vielzahl von Stoffen, wie z. B. Vitamine oder Zucker, die wir mit der Nahrung aufnehmen, aufzuspalten. Gleichzeitig bringt es lebenswichtige Mineralien und Spurenelemente mit sich. Das im Wasser enthaltene Eisen beispielsweise ist für die Förderung der Blutbildung und den Energiestoffwechsel hilfreich, wogegen das Kalzium unseren Zähnen und Knochen gut tut. Natrium und Chlorid halten den Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht, und Kalium ist für Muskeln und Herz wichtig. Da unser Blut zu 90 % aus Wasser besteht, liegt es auf der Hand, dass das pure Lebenselixier für einen reibungslosen Transport in den Blutbahnen so unerlässlich ist wie die Lokomotive für den Güterzug. Schlussendlich gelangt ja, vereinfacht gesagt, auch der lebenswichtige Sauerstoff über das Blut zu den einzelnen Körperzellen. Da ist es schon von Vorteil, wenn «der Zug ordentlich rollt». Wasser löscht nicht nur den Durst, sondern ist in vielerlei Hinsicht dafür verantwortlich, dass unser Körper richtig funktioniert.

Wie viel Wasser braucht der Mensch?

Wie bereits erwähnt, leidet der gesamte Organismus, wenn zu wenig Wasser «gefasst» wird. In der Regel verliert ein Erwachsener pro Tag und ohne körperliche Belastung bis zu 2,5 Liter Wasser. Es ist daher nachvollziehbar, woher die Faustregel «Trink2-3 Liter Wasser pro Tag» kommt. Wer viel Obst und Gemüse isst, kommt auch mit etwas weniger gut zurecht. Diese 2,5 Liter sollten am besten über den Tag verteilt getrunken werden. Das erste, große Glas darf bereits unmittelbar nach dem Aufstehen zu sich genommen werden. Klug ist, wer nicht zu, sondern 30 Minuten vor den Mahlzeiten trinkt, damit der Nahrungsbrei nicht unnötig verdünnt wird. Beim Sport verlieren wir bis zu einem Liter pro Stunde. Darum ist es sowohl beim Sport als auch bei allen anderen körperlichen Anstrengungen notwendig, dem Körper verhältnismäßig mehr Wasser zuzuführen. Auch betagte Menschen sollten darauf achten, im Schnitt 2,5 Liter Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Davon sollten mindestens 1,3 Liter Wasser getrunken werden. Der Rest wird über die Nahrung und die Verbrennung von Fettsäuren und Glukose eingenommen. Aber auch hier gilt: Wer keine körperlichen Beschwerden an Nieren, Herz oder Leber hat, darf ruhig etwas mehr Wasser trinken.

Kann man zu viel Wasser trinken?

Es gibt tatsächlich eine Wasserintoxikation (Wasservergiftung), die das elektrolytische Gleichgewicht im Körper zu einer gefährlichen hypotonen Hyperhydratation (Überwässerung) verschiebt. Das kann auf zweierlei Weise zustande kommen:

  • Durch massive Wasser-zufuhr. Allerdings ist dies durch freiwilliges Trinken praktisch nicht zu erreichen. Dazu müsste man sehr, sehr große Wassermengen in sehr kurzer Zeit aufnehmen. Das gelänge allenfalls unter Zwang, wenn man einen Menschen so überwässert, wie man eine Gans stopft. Dieses Zuviel an Wasserzufuhr könnte eher zustande kommen, wenn man einen Patienten überinfundiert. D.h., man verabreicht eine Infusionstherapie falsch. Beides ist jedoch sehr unwahrscheinlich!
  • Bei bestimmten Erkrankungen – z. B. der Nieren oder spezieller Stoffwechselprobleme – kann eine an sich gar nicht so große Menge an getrunkenem Wasser zu viel sein und obige Überwässerung auslösen.

FAZIT: Es gibt die Wasserintoxikation, allerdings auf keinen Fall bei gesunden Menschen, die keine Nieren-, Leber- oder Herzerkrankungen haben und nicht viel zu viel Wasser in kurzer Zeit trinken. Jedes Zuviel an Flüssigkeit wird einfach wieder ausgeschieden.

Zuckergehalt in diversen Getränken

So viel Zucker enthalten folgende Getränke in 200 ml:

  • Coca-Cola: 7 Stück Würfelzucker = 21 g
  • Energy Drink: 7 Stück Würfelzucker = 21 g
  • Eistee: 6 Stück Würfelzucker = 18 g
  • Kräuterlimonade: 3 Stück Würfelzucker = 9 g
  • Apfelsaft: 2 «Stück» Fruchtzucker = 6 g
  • Milch: 2 «Stück» Milchzucker = 6 g

Achten Sie beim Kauf von Fruchtsäften und Smoothies darauf, dass kein Zucker zugefügt wurde. Übrigens enthält auch der Weißwein Zucker – im Schnitt 3 g pro 200 ml. Trinken wir an Stelle von Wasser z. B. einen Liter Limonade, nimmt unser Körper rund 400 Kilokalorien (kcal) auf!

Zum Schluss ein guter Tipp:

Ein guter Freund und Arzt übermittelte mir einst einen hilfreichen Rat, als er mir erzählte, dass seine Patienten das Ausmaß der persönlichen Wasserzufuhr gerne deutlich überschätzten. Durchschnittspatienten gäben fast alle an, 2-3 Liter am Tag zu trinken. Dies führte ihn dazu, über einige Wochen bei sich selber darüber «Buch zu führen», wie viel er denn tatsächlich pro Tag trinkt. Das Resultat verblüffte! An manchen Tagen lag das «Nachfassen» unter einem Liter. Daher sein Rat: Schreiben Sie während vier Wochen jeden Tag auf, was und wie viel Sie trinken. Dann wissen Sie genau, wie viel Sie noch zu «fassen» haben. Eine «kleine» Sache mit großer Wirkung! Gut «fass»!

Stephan Freiburghaus

Chefredakteur «Leben & Gesundheit»

Leben & Gesundheit Ausgabe 3/2018